Tristesse - Im schwächsten Licht

Jannes-Maximilian Priebels - Gesang, Marvin Alexander Jiménez Mairena - Rhythmusgitarre,
Eric-William Noack - Bass, Florian Balmer - Drums, Benedikt Kirst - Leadgitarre
Photocredit: Miklas Heinzel

Die heutige Newcomer Band Tristesse aus Berlin hat vor einer Woche ihre Debut EP ‘Im schwächsten Licht’ veröffentlicht. Es sind vier Klangperlen aus spacigen Dream Pop aka Shoegaze geworden, die auf dem zweiten Blick mehr geben können als geahnt.

Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Nach diesem Motto gestalten die fünf Jungs ihre Perlen. Wo Hoffnung ist, ist Hoffnungslosigkeit. Wo Freude ist, liegt der Schmerz gleich neben an. Ganz schön reif.

Sich auf Tristesse einzulassen erfordert Zeit und Muße. Es ist ein bisschen so, als würde man das erste Mal bei einem Weintasting mitmachen. Spezialisten sagen dir, welche Düfte und Geschmacksnoten sich hinter der roten Farbe verstecken, während du großtuerisch und zustimmend nickst, doch gleichzeitig das komplette Glas leeren möchtest. Wen kümmern die einzelnen Noten? Das Gesamtgefüge muss stimmen, oder?

“Sich ausprobieren, sich stets verlieren.” singen sie, und ja, irgendwie ist es genau das.

Musikalische Genre betreffend könnte man behaupten: Dream Pop, Indie Rock und Grunge befinden sich in einem großen Melting Topf voll Shoegaze. Und schon sind wir wieder beim Weintasting.

Was kann man denn jetzt raushören?

Kritiker würden sagen jede Menge Geräusche, Liebhaber jede Menge Klangmeer. Beides trifft es auf den Punkt. Es ist ein gewebter Teppich aus Effekten, harmonisch abgestimmten Akkorden, ab und an erheben sich einzelne Gitarrennoten oder das Schlagzeug brilliert im Solo. Irgendwo hinter dem Nebel der Landschaftsakustik ertönt die Stimme von Sänger Priebels. Im Vordergrund sein ist anders. Eher verlieren wir uns in Wolken und vergessen dabei, dass wir auf Gras liegen. Alles scheint verträumt, melancholisch, irgendwo zwischen Hier und Dort, Jetzt und Damals.

Die EP startet mit einem melodischen Intro der Perle Rausch. Lyrisch geht es gleich zur Sache. “All die Jahre tropft Blut aus der Nase”. Ja, richtig gelesen. Der Song Kreis ist die erste Singleauskopplung geworden, es gibt auch ein offizielles Video dazu. Vermutlich ist er der zugänglichste der vier. Serotonin ist der Tanztrack der EP, Schlagzeuger Florian Balmer lässt es ordentlich krachen. Doch es bleibt tiefgründig: “'Serotonin' nähert sich der Thematik Depression und steht lyrisch bewusst im starken Kontrast zum tanzbaren und melodiösen Instrumental. Dieses Lied verfolgt ein uns wichtiges Anliegen: einen offenen, reflektierten und notwendigen Umgang mit mentaler Gesundheit.” Tristesse

Mein persönliches Lieblingslied ist das Schlußlicht Mono. Klangtechnisch ist es düsterer und ein dunkles Grunge Feeling macht sich breit. Der Rock ist nicht wegzuhören, es tut ihrer Musik so richtig, richtig gut. Als würden sie bereit sein, hinter ihrem Klangteppich in Erscheinung zu treten. “Bring mich bitte von hier weg, gehe ein in diesem Versteck” In der Bridge sammeln sich dramatische Gitarrenriffs für das fulminante Ende. Es ist vor allem dieser Drive hinter dem Lied, der es so kostbar macht.

Die Musik von Tristesse gehört zu der Sorte, von der du nicht wusstest, dass du sie suchtest, bis du sie gehört hast und dann wusstest, dass du sie brauchst. Aber du weißt es nicht sofort. Bei mir setzte der Effekt beim dritten Mal zuhören ein. Gib den Perlen also ein wenig mehr Zeit zu wirken. Wenn du dich an ihren Sound gewöhnt hast, kannst du erneut zuhören und dann so richtig genießen.

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